Sonntag, 18. November 2012

Vom Reis zum Tee und Kaffee. Dazwischen? - Alles Banane!


Das Warten hat sich gelohnt, die richtige Antwort auf unser Rätsel im letzten Eintrag ist doch noch gekommen... Der Dank geht aber nicht nur an Mätthu und seine chinesischen Kollegen, die mit "Tofu skin" die richtige Antwort geliefert haben, sondern auch an all die anderen Lieferanten fantasiereicher Vorschläge!

Wir fanden die Lösung des Rätsels schlussendlich in Jianshui in einem Supermarkt, wo wir zwischen getrockneten Pilzen und Nudeln eine Essensware fanden, die uns stark an diese aufgehängten, gelben Häute erinnerte. Wir fragten eine der zahlreichen, unterbeschäftigten Einkaufsassistentinnen, die hier in jedem mittleren bis grösseren Warenhaus herumlungern und, sobald sie ein Opfer gefunden haben, dieses auf Schritt und Tritt verfolgen. Diese stummen Kundenjägerinnen sind äusserst hartnäckig, denn kaum denkt der Gejagte, er sei in Sicherheit, taucht schon die nächste wachsame Assistentin hinter einem Gestell mit konservierten Wachteleiern, Hühnerfüssen und Bambussprossen auf. Es bleibt dem Opfer nur eine Möglichkeit, dem Spiel ein Ende zu setzen: Gegenangriff. Viele Chinesen lieben es, uns ein freches "Hellöu" oder "Öu-Keeey?" nachzurufen, doch sobald wir auf sie zusteuern, um sie nach dem Weg oder sonstigem zu fragen, reissen sie vor Schreck ihre Augen auf und erstarren für einen Moment, bis sie merken, dass alles doch nicht so schlimm ist und die komischen Ausländer überdies versuchen in Chinesischer Sprache mit ihnen zu kommunizieren. So gingen wir eben in diesem Supermarkt in Gegenangriff über und fragten eine zierliche Chinesin "zhe shi shenme?" (Was ist das?) um der Lösung des Rätsels endlich selbst auf die Spur zu kommen. Die Antwort: "schingschanglinghongschang-TOFU-schingschangschungling" (Blablablabla-TOFU-blablabla). Zugegeben, ohne Wikipedia hätten wir es dann auch nicht rausgekriegt.

Jianshui, im Konfuziustempel
Nach zwei Ruhetagen in Jianshui machten wir uns endlich auf den Weg die berühmten Reisterrassen zu besuchen. Wir waren gespannt, ob sich der strapazenreiche Umweg als lohnenswert erweisen würde, denn der direkte Weg in den Süden, der von Zhenyuan nach Jinghong geführt hätte, wäre nur knapp 400 km lang gewesen. Dank der Reisterrassen würden wir, sobald wir Jinghong erreicht hätten, 1'055 km mit insgesamt 17'760 Höhenmeter zurückgelegt haben. Lohnte sich der Umweg von über 600 km? Die Spannung stieg - die Strasse vor uns ebenfalls - stetig an, denn Terrassen werden, wie es der Name erwarten lässt, nicht in flachen Gegenden gebaut. So strampelten wir Meter für Meter die sich windende Bergstrasse hinauf und hielten jeweils nur kurz an für einen Bananen- oder Nudelstopp. Doch bald, als wir die Tausender Höhenlinie schon eine Weile hinter uns gelassen hatten, wurden die Stopps zahlreicher und länger - wir kamen aus dem Staunen nicht mehr hinaus. Was von unten her noch unauffällige Berghänge waren, entpuppte sich mit einem Blick von oben herab als hunderte, ineinander verflochtene, bewässerte Reisterrassen, die, bevor sie im Frühling wieder mit frischem Reis bepflanzt werden, ganze Hänge in einen lichtreflektierenden schiefen See verwandeln. 

Nach jeder Kurve hielten wir wieder an, um dieses Kunstwerk zu betrachten. Obwohl die Terrassenlandschaften von Hang zu Hang sehr ähnlich aussehen, sind die einzeln geformten Reisfelder doch überall einzigartig und dank des Zusammenspiels von Wind, Sonne und Wolken bot sich uns von Minute zu Minute wieder ein neuer, atemberaubender Anblick, der eine Flut von Fotos zur Folge hatte. Diese kunstvoll bebauten Berghänge, die das Hani-Volk seit ca. 1300 Jahren durch mühevolle Handarbeit schafft, wurden durch gute Strassen für Touristen zugänglich gemacht und auch wir entschieden uns in einem kleinen Hani-Dorf einen Stopp einzulegen. Nur mit unserem Eintrittsticket für 50 Yuan durften wir am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang die eigens dafür gebaute Aussichtsterrasse betreten und das Lichtspektakel über den Reisterrassen von Duoyishu erleben. Dafür hatte sich der kräfteraubende Umweg definitiv gelohnt. 


Morgenstimmung bei Duoyishu
Nebelmeer und schiefer See

Reisterrassen von Yuanyang

starke, wilde Frauen...
...und deren Kinder










Kräfteraubend schien auch die Arbeit der Hani-Frauen, die wir etwas später an diesem Tag beobachteten: Das Dörfchen erhält gerade eine neu gepflasterte Strasse, sowie öffentliche WCs für Touristen. Männer durften Mäuerchen bauen und Frauen schleppten Zement und Backsteine heran. An diesen Anblick denke ich noch oft zurück, wenn ich mich mit letzter Kraft eine steile Strasse hochquäle, dann schweissüberströmt und mit schmerzverzerrter Grimasse anhalte um eine Verschnaufpause einzulegen und mir im Gegensatz zu den Hani, was so viel heisst wie "starke, wilde Frauen", die ohne mit der Wimper zu zucken Schwerstarbeit erledigen, ziemlich erbärmlich vorkomme, weil ich die Schwäche zulasse. 

Endlich! Anstatt Schotter gibt´s Kopfsteinplaster!
Ja, Gefühle zu zeigen unterscheidet uns ziemlich von den Chinesen, mal abgesehen von den offensichtlichen Erscheinungsmerkmalen. Die Chinesen sind zwar oft laut und verwenden auch gerne ein Megafon um sich Gehör zu verschaffen, aber sie erheben ihre Stimme niemals wegen einer Meinungsverschiedenheit, was hingegen Domi und mir doch zwischendurch passiert, worauf wir jeweils verwunderte Blicke ernten und uns etwas schämen... Doch wenn man 24 Stunden "aufeinanderhockt" gehört etwas Luft ablassen einfach dazu, jedenfalls in unserer Kultur, und dies scheint bis jetzt bestens zu funktionieren: Wir sind immer noch als gut eingespieltes Team gemeinsam unterwegs. Schwäche zu zeigen wird bei uns also weiterhin akzeptiert und so forderte ich bereits nach vier weiteren anstrengenden Fahrradtagen einen Ruhetag, dies vor allem auch weil sich die bisher perfekt asphaltierte S214 zwischen Daheishan und Jiahe aus heiterem Himmel in einen Schotterweg verwandelte und zudem aus den berechneten zusätzlichen 500 Höhenmetern plötzlich holprige 800 wurden, die sich an die  morgendlichen 1000 Höhenmeter seit Niukong anhängten. Nach diesem "Achtstünder" war dann sogar Domi etwas müde...


auf dem Markt in einem Dörfchen I
auf dem Markt in einer Grosstadt



auf dem Markt in einem Dörfchen II

Von den Reisterrassen...
...zu den Teeplantagen
...über wolkige Pässe...


Mit jedem Tritt entfernten wir uns weiter von den Reisterrassen. Anstatt der glänzenden Muster der bewässerten Felder zierten nun mehr und mehr dunkelgrüne Sträucher in Reih und Glied das Landschaftsbild: Das Klima hier im südlichen Teil Yunnans scheint perfekt zu sein für den Teeanbau. Wir näherten uns der Teehochburg - Pu'Er. In dieser Gegend wird seit ca. 1'700 Jahren der etwas erdig aber sehr wohlschmeckende Pu-Erh-Tee angebaut, der, wie übrigens fast jede Teesorte, mehrmals aufgegossen werden kann und von den Chinesen auch gerne den ganzen Tag über in farbigen, verschliessbaren Plastikbechern, stylisch-silbrigen Thermoskännchen, oder ganz einfach in simplen Einmachgläsern neu aufgegossen und geschlürft wird. 

Tee...?
Um sicher zu gehen, dass es sich wirklich um Tee handelte, stieg Domi vom Fahrrad, holte sich ein Blatt und wir inspizierten es gemeinsam. Das Blatt roch so gar nicht nach Tee, aber es musste sich ja wohl fast darum handeln, denn mir war Pu-Erh bereits ein Begriff und das Aroma des Tees kommt ja auch erst mit der Fermentierung. Das war unsere einfache Erklärung. Doch als wir weiter durch die Hügel fuhren, vorbei an den riesigen Teeplantagen, bemerkten wir plötzlich "Eindringlinge": 

...oder Kaffee?!!
Neben den geordneten Linien der Teesträucher entdeckten wir etwas grössere, buschigere Sträucher, die, als wir sie von nahem betrachteten, grüne und rote Beeren trugen. Das war Kaffee! Deshalb hatte das Blatt zuvor so gar nicht nach Tee gerochen... Seltsam. Kaffeeanbau in China? Die Chinesen lieben doch ihren Tee! Dreimal dürft ihr raten, welcher Konzern hier seine Finger im Spiel hat, aber bitte, lest selbst:




Bei der Einfahrt in die Stadt Simao deuteten aber die protzigen Bauten der Teefirmen entlang der vielspurigen Strasse darauf hin, dass hier immer noch Tee zu Gold gemacht wird. Noch mehr Profit zu machen, war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb die Präfekturshauptstadt 2007 von Simao in Pu'Er umbenannt wurde: Mit dieser Namensänderung hatte die Präfektur auf einen Schlag ein Vielfaches an Ertrag von "Original Pu-Erh-Tee". Das kleine Dörfchen Pu'Er hingegen, das die offizielle Bezeichnung für den König der Tees lieferte und der Ursprung der alten Teeroute ist, heisst nun Ning'Er. Warum nicht? Wir könnten doch ebenfalls einfach die "Üsserschwiiz" in "Wallis" umbenennen, dann wäre das Raclette-Problem gelöst...

Gegessen an einem ganz normalen
Tag in China
Zurück nach China: Simao/Pu'Er selbst erlebt gerade eine Generalüberholung, alte Häuser werden abgerissen und durch neue Hochhäuser und Business-Hotels ersetzt, was der Stadt einen momentanen Zustand der Verlassenheit verleiht - denn noch fehlen die zusätzlichen Einwohner... Wir freuten uns aber dennoch auf das städtische Leben, denn lange war es her, seit wir das letzte Mal westliches Essen gefunden haben. Wie ihr wahrscheinlich bereits festgestellt habt, dreht sich bei uns alles immer ein bisschen um die Nahrungszufuhr, denn wer so viel radelt braucht auch entsprechend Energie, deswegen ist das Essen meistens unser Hauptthema des Tages und auch fast so was wie unsere Lieblingsbeschäftigung. 
(fast) jeden Abend: die Qual der Wahl
So hängten wir an die 1'700 Höhenmeter und knapp 90 km an diesem Tag noch ca. 3 km zu Fuss an, um vom Hotel ins nächste Dico´s (Chinesisches Fast Food Restaurant) zu kommen, wo wir uns ein Partyfass voller frittierter Hühnerschenkel, -flügelchen, -nuggets und Pouletburger gönnten. Mjamm!! Gut genährt fuhren wir dann am nächsten Tag los, nun wieder in Richtung Süden, nach Xishuangbanna, ins "Thailand" Chinas. Dank der niedrigeren Lage herrscht hier subtropisches Klima: Perfekt für den Anbau zahlreicher tropischer Früchte! Doppelmjamm!! Ja, neben Fast Food ernähren wir uns auch ab und zu gesund: Wir (fr)essen uns von Markt zu Markt durch und verschlingen grosse, mittlere und kleine Bananen, grosse, mittlere und kleine Mandarinen, gelbe, rote und grüne Äpfel, Grenadinen, Kiwis, Mangostane, Cherimoyas und Drachenfrüchte - und werden kaum satt.


...und überall hat´s Bananen.
Immer mehr nähern wir uns nun der Grenze zu Laos und gelangen auch wieder in touristischere Gebiete. So gönnten wir uns auf unserer letzten Etappe vor Jinghong, der Hauptstadt Xishuangbannas, noch einen Zwischenstopp im Elefant Valley. Hier sollen noch einige Elefanten in freier Wildbahn leben. Für je 65 Yuan dürfen auch wir sie suchen gehen. Auf das Seilbähnchen für zusätzliche 50 Yuan pro Person, welches den Rundgang auf einem Baumkronenpfad eigentlich perfekt schliessen würde, verzichteten wir aber und marschierten einfach an beide Enden des Bähnchens hin und wieder zurück, um ja nichts zu verpassen. Elefanten jedoch, haben wir keine gesehen. Die befanden sich wohl alle in der hintersten Ecke des Nationalparks, verscheucht durch chinesische Touristengruppen, deren Anführer trotz der "Silence Please"-Schilder Erläuterungen zu den Attraktionen durch ihr Megafon schrien. Die Attraktionen - tropische Volière mit Hellroten Aras (Verbreitungsgebiet Südamerika) und Wellensittichen (Verbreitungsgebiet Australien), sowie Schmetterlingshaus (dieselben Schmetterlinge, die wir jeden Tag auf der Strasse sehen) liessen wir aussen vor und wandten uns lieber den Beschriftungen der tropischen Bäume zu, die alle vor allem qualitativ hochwertiges Holz zu liefern scheinen... Nach zweistündigem Fussmarsch durch den Park schwangen wir uns endlich wieder in die Sättel und fuhren nach Jinghong, uns schwörend, das letzte Mal in eine chinesische Touristenfalle getappt zu sein...

Samstag, 3. November 2012

Achterbahn in Yunnan

Der Jadedrachenschneeberg

Na ja, natürlich war es nicht gaaanz zufällig, dass wir Tobias und Marianne in Lìjiāng wieder getroffen haben: Wir haben uns je eine Chinesische SIM Card zugelegt und die wird noch vor Verlassen der Chinesischen Volksrepublik vertelefoniert. Nach einem gemütlichen Znacht in der Altstadt mussten die Beiden leider anderntags schon wieder weiterziehen, um in Kūnmíng neue Visa zu organisieren. 

Lijiang by Night
Wir blieben noch zwei Tage in der touristischen Hochburg hängen, wo wir es uns fast lieber im Hotelzimmer gemütlich gemacht haben, als uns durch die abartige Menge von meist chinesischen Touristen zu drängeln, um über die alten Ziegeldächer hinweg einen Blick auf den Jadedrachen Schneeberg zu erhaschen. Die Wand an Wand stehenden Steinhäuser der UNESCO anerkannten Altstadt mit den schmucken Steinbrücklein, welche die gepflasterten Gassen über das Geflecht der Wasserversorgungskanäle miteinander verbinden, lassen einen zwar erahnen, wie es hier vor nicht allzu langer Zeit ausgesehen haben könnte, doch wird die Vorstellungskraft stark eingeschränkt durch unzählige und immer gleiche Souvenir-und Handwerksläden, die jährlich Millionen von Touristen durch ihre Türen locken. 

wir schossen das Foto um 7:00
früh - und 10 andere Fotografen ebenfalls...
Wir besuchten deshalb (dank Tobias und Marianne´s Altstadteintrittstickets für 80 Yuan - UNESCO? Hallo?) nur noch den Park des schwarzen Drachensees, um das obligate Foto des 5000ers am Horizont zu schiessen und wandten uns dann unseren Alltagspflichten zu - ja, genau, richtig gelesen - auch wir haben einen Alltag! Wir erleben unsagbar vieles auf unserer Radreise, und alles will dokumentiert werden. Während unseren "Ruhetagen" gönnen wir jeweils unserer Beinmuskulatur die nötige Erholung, doch der Rest von uns arbeitet hart: Unsere Erlebnisse aufzuschreiben und zu recherchieren, sowie die Fotos zu erlesen und zu überarbeiten dauert meist mehr als einen ganzen Tag. Dann sind wir auch ziemliche Schmutzfinken geworden: Fahrradbekleidung wird der Einfachheit und Bequemheit halber gleich an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen getragen, denn waschen müssen wir meistens von Hand. Und es erfordert mehrere "Waschgänge" um unsere vom Strassenstaub und -schlamm verschmutzten Klamotten so was wie sauber zu kriegen. Mittlerweile habe ich mich auch an den rezenten Geruch gewöhnt, der in Schwaden daher kommt, wenn ich Domi hinterher fahre. 

Ein ganz normaler "Ruhetag"
Einige fragen sich auch, wie wir das mit der Kommunikation machen - die Leute, die wir unterwegs treffen, werden immer exotischer und sprechen von Tag zu Tag fremdländischer. Während ich mich aufs Lernen der Sprache konzentriere, wurde Domi unterwegs zum Meister der Pantomime - Activity Spieler nehmt euch in Acht - a Champion will return! Während Domi also "learning by doing" bevorzugt, hat sich wohl schon manch ein Chinese gewundert, wenn aus dem Hotelzimmer der lăowài (Ausländer) sinnlose chinesische (?) Sätze formuliert werden, gefolgt von einem ablehnenden "Dingdong" des Computers, die gleichen Sätze dann immer lauter wiederholt werden und schliesslich in ein lautes Gefluche in einer für sie unverständlichen, kehligen Sprache übergehen, weil die nǚrén (Frau) zum x-ten Mal die Betonung nicht richtig hingekriegt hat.

wer Chinesisch lernen will, sollte
besser früh damit beginnen

Wasserkochen für Fortgeschrittene
Auch die weitere Strecke zu planen gehört zu den Aufgaben an unseren Ruhetagen. Dies nimmt meistens mehrere Stunden in Anspruch, mit oftmals zeitaufwändigen Recherchen im Internet und Lesen von anderen Reiseberichten, denn mehrere Faktoren müssen gleichzeitig berücksichtigt werden, wie z.B. das Höhenprofil, der Strassenzustand, interessante Sehenswürdigkeiten und nicht zuletzt die verbleibenden Tage des Visums. Dazwischen erholen wir uns aber auch von Erlebtem und den vielen Eindrücken (irgendwann wird jeder Geist müde) beim Schlafen, Lesen, Kartenspielen oder Filme schauen. Unser momentaner Favorit ist aber CCTV News - ein äusserst unkritischer Chinesischer Fernsehsender für Englischsprachige, der täglich über "the everchanging China in the decade of change" berichtet und dabei wenig subtile pro-chinesische Aussagen am Laufmeter sendet. Berichte über die Rolle Japans beim Diaoyu-Islands (chinesischer Name der Senkaku-Inseln) Konflikt oder über "Taiwan and the Mainland" sind besonders interessant. Nach unseren Ruhetagen nehmen wir dann jeweils frisch und erholt die neue Etappe in Angriff, wieder bereit Neues zu erleben. So auch diesmal.



Auch noch nach 6 Jahren immer
wieder bereit neues zu erleben
(wir feierten im Pizza Hut...)

Emsige Bienchen
Lange haben wir überlegt, ob wir noch einmal einen Schwenker ins tibetische Hochland machen sollten, haben uns aber dann doch für die Reisterrassen im Südosten Yúnnáns entschieden - für beides blieb uns aufgrund des Visums keine Zeit. Da auch wir wieder einmal Kilometer spulen wollten, einfach um zu sehen, ob wir das überhaupt noch können, fuhren wir am ersten Tag gleich ins 130 km weit entfernte Städtchen Jiangwei. Und damit es etwas schneller ging, nahmen wir die Autobahn... Die Gebühr wurde uns dann zum Glück erlassen. In einem muslimischen Restaurant assen wir dann mal etwas anderes als Schweinefleisch und sanken müde in unsere brettharten chinesischen Betten (es kommt schon ab und zu vor, dass uns morgens die Glieder mehr schmerzen als abends, nach einer anstrengenden Tagesetappe. Wir können uns echt nicht erklären, weshalb sich die Chinesen die Mühe einer Matratze machen - könnten sie doch ebenso einfach am Boden schlafen - es käme praktisch aufs Gleiche raus). 

Drei Pagoden vor Dali
Am darauffolgenden Tag fuhren wir nur 30 km weiter, ins nächste von Lonely Planet (der Bibel aller Individualtouristen) empfohlene, sehenswerte Städtchen Dàlĭ und genossen den "freien" Nachmittag beim Altstadtbummel. Hier war das Touristen/Lokalbevölkerung Verhältnis bereits erträglicher. Doch am besten gefiel es uns dann am nächsten Tag in Wēishān. Obwohl das von Yi und Hui (chinesische Muslime) bevölkerte Städtchen ebenfalls in der "Bibel" erwähnt wird, hatten wir das Gefühl, die ersten westlichen Touristen zu sein, die die Leute hier zu Gesicht bekamen. Sofort stellte sich wieder "Popstar-Status" ein und wir fühlten uns wohl. 



Reis-...
...Mais-...
Obwohl manchmal auch anstrengend, geniessen wir es schon ein bisschen, dass uns oft zweimal hinterher geschaut wird, Autos und Motorräder uns manchmal verdächtig langsam überholen oder wir mitten in der Fahrt angehalten werden, damit ein paar junge Chinesen von und mit uns ein Foto schiessen können. Wir werden nicht müde, den Chinesen auf ihr fröhliches "Hellöu" mit einem "Hellöu" unsererseits zu antworten und finden es noch immer amüsant, wenn spätnachmittags, bei unserer Ankunft in irgendeinem Hotel in irgendeinem Kaff, dem Manager erst mal die Kinnlade runter klappt und er dann erst auf unser nĭ hăo reagiert. 

...und Nudelernte
In Wēishān hatten wir ein so tolles Hotel und das Städtchen gefiel uns so gut, dass wir spontan beschlossen, einen richtigen Ruhetag einzulegen. Einfach mal den ganzen Tag - nichts tun! Na ja, wir sind trotzdem durch die Gassen geschlendert, haben gut gegessen, Proviant gekauft und hier und da ein Foto geschossen. Es macht ja auch Spass!

Yi Frau mit traditioneller
Bekleidung

Yi beim Tanzen in Weishan





Hoch, runter, hoch, runter
Bambusbong
Am nächsten Tag schwangen wir uns wie gewohnt wieder in die Sättel, schliesslich wollten wir zu den Reisterrassen. Doch bei der letzten Routenplanung ging uns irgendwie das Höhenprofil durch die Lappen. Vor uns lag da plötzlich eine einzige Zickzacklinie - hoch, runter, hoch, runter - mit Abfahrten und Aufstiegen über 2000 Höhenmeter. Doch nun war es zu spät - die Abzweigung, die direkt nach Laos geführt hätte, lag bereits hinter uns, es gab kein Zurück mehr. Doch mittlerweile habe sogar ich mich an die langen Aufstiege gewöhnt und kann ihnen sogar einiges positives abgewinnen: Hat man erst einmal den richtigen Rhythmus gefunden, geht´s einfach stundenlang im gleichen Tempo den Berg hinauf, während man die wunderbare Aussicht geniessen kann. Die Strassen sind zum Glück in gutem Zustand und der Verkehr hielt sich bisher sehr in Grenzen. So fahren wir bergauf und bergab und sind immer wieder gespannt, was uns wohl im nächsten Tal erwartet. 



Begutachten der Baumnussernte
Hellöu












das alte China
Genau wie sich die Vegetation von Tal zu Tal verändert (wir sind mittlerweile ein gutes Stück in den Süden gefahren - da ändert sich einiges!), tun es auch die Leute. Mal sind sie freundlich, grüssen und geben sich interessiert, mal kümmert es sie nicht die Bohne, dass zwei Westler vor ihrer Haustür auf einem Fahrrad vorbeistrampeln - als ob dies zur Tagesordnung gehören würde. Vielleicht haben sie aber auch einfach andere Sorgen. Nur zu oft fuhren wir an schäbigen Holzhütten vorbei und mussten mit Schrecken feststellen, dass da noch jemand wohnt. Hungernden Landstreichern und verkrüppelten Menschen begegneten wir nicht selten - oft nur einige Kilometer weit entfernt von den touristischen Städtchen, die das "alte China" künstlich aufrecht zu erhalten versuchen. 


Bananenblüte
Zuckerrohrplantagen
Drachenfrucht-Kakteen
(Predator lässt grüssen)




Doch dann fuhren wir wieder durch breite, landwirtschaftlich (aus-) genutzte Ebenen, die der Bevölkerung guten Ertrag zu liefern schienen. Hier werden Bananen angebaut, dort Seidenraupen gezüchtet, bald fuhren wir entlang von riesigen Zuckerrohrfeldern, bald entlang sorgsam gehegter Drachenfrucht-Kakteen, deren Früchte man zu Weihnachten bei uns in der Migros kaufen kann. Alle paar Tage führte uns unsere Route auch in eine grössere Stadt, wie Zhenyuan. Diesmal fiel uns als erstes die Kinnlade runter: Dass die Chinesen gerne bauen, haben wir unterdessen mitgekriegt, doch was wir hier sahen übertraf alles. Während Schweizer Städte ab und zu ein neues Wohnquartier kriegen, erhielt Zhenyuan gleich eine neue Nachbarsstadt. Wohnblöcke und Parkanlagen waren gleichermassen errichtet worden wie Shopping Malls und vielspurige Strassen. Alles war bereit - nur die Leute fehlten. 
Coiffeursalons waren noch leer, Einkaufsregale standen bereit, um mit Chinesischen Produkten gefüllt zu werden, und Hotels warteten auf ihr Personal und die Gäste. Der Anblick dieser riesigen Retortenstadt war ziemlich unheimlich. Wir folgten den allgegenwärtigen Elektroscootern ins alte Zhenyuan, wo wir uns in einem belebteren Stadtteil ein günstiges Hotel nahmen - ohne Strom. "Von acht Uhr abends bis sieben Uhr morgens gibt´s Strom" war die erklärende Antwort des Managers. Bald einmal wurde uns bewusst - dies galt nicht nur für unser Hotel - dies galt für die ganze Stadt! Und so genossen wir unser Chinesisches Dinner zur Abwechslung mal nicht bei grellem Neonlicht, sondern bei romantischem Kerzenschein.


Wenn in China ein Schmetterling
mit den Flügeln schlägt...
Yunnan - Süden der Wolken


der Nebel lichtet sich
Bambus ist im Fall ein Gras!
Ehe die Sonne uns wieder zum Schwitzen bringen kann, muss sie, wie hier immer um diese Jahreszeit, erst den morgendlichen, dichten Nebel verdrängen, und so nahmen wir denn auch diesmal den nächsten Berg in Angriff inmitten einer grauen Suppe. Die Umrisse der meterlangen Bambushalme über uns erschienen wie riesige, bucklige Greise, die sich gegenseitig den neuesten Klatsch und Tratsch erzählen wollten. So zwischen zehn und elf Uhr lichtet sich jeweils der Nebel und eine neue Landschaft präsentiert sich uns. 

neue Landschaft

erste Terrassen
Wir waren völlig begeistert, als wir die ersten Terrassen entdeckten. Doch um die "echten" Reisterrassen von Yuányáng zu bewundern, müssen wir uns noch ein wenig gedulden. Meine Beine schrien nach einem "Ruhetag"...







Bis dahin ein Rätsel, das wir erst lösen können, sobald wir einen kundigen, englischsprechenden Chinesen gefunden haben - oder ihr uns auf die Sprünge geholfen habt:
Eine milchig-trübe Flüssigkeit wird in flache Becken geschüttet, die von einem Kohleofen eingeheizt werden. Nach einer Weile fischt der Mann eine Schicht aus dem Becken und hängt diese zum Trocknen auf. Was ist es, was der gute Mann hier herstellt?

Was tut er bloss?