Dienstag, 27. März 2012

Budapest

Keine speziellen Vorkommnisse in den letzten Tagen hier in Budapest. Deshalb einfach ein paar Impressionen dieser wunderschönen Stadt. Zwei Tage sind definitiv nicht genug um alles zu sehen, aber uns zieht es morgen weiter Richtung Osten.

Wien - Budapest...immer geradeaus!


Nachdem wir uns in Wien so richtig erholt hatten, neue Energie getankt und vor allem auch neues Kartenmaterial beschafft hatten (wir sind jetzt ausgerüstet bis und mit Südostasien), pedalierten wir wieder los, weiter der Donau entlang. Der Donauradwanderweg oder Euroveloweg 6 führte uns gleich durch eine wunderschöne Auenlandschaft. Nach dem geschäftigen Treiben und Gewusel in Wien war hier fast niemand mehr anzutreffen. Radfahrer fuhren höchstens noch bis ans Ende der Lobau in die Jausenstation und wieder zurück.

Wir fuhren auf dem Damm weiter Richtung Slowakei. Es wurde schon bald dunkel, als wir uns entschieden, die nächste Nacht in einem Hostel in Bratislava zu verbringen. So konnten wir am Abend noch Bratislava anschauen und am nächsten Tag auch schon wieder weiterfahren (das war der offizielle Grund - der inoffizielle war, dass wir beide nach neun Tagen Hotel Mohn überhaupt noch keine Lust auf wild campieren hatten...). So überquerten wir also die österreichisch-slowakische Grenze mit einer leicht erhöhten Geschwindigkeit (unglaublich, was die Aussicht auf ein warmes Bett ausmacht!) und waren gespannt was uns erwartete. 
Etwas mulmig war uns schon zu Mute, schliesslich begannen jetzt die Länder wo wir bzw. uns  die Leute nicht mehr so einfach verstehen würden. Der erste Mensch, den wir sahen, ging mit seinem Bull-Terrier Gassi. Dazu liess er ihn einen erkennbar schweren Autoreifen hinter sich her ziehen. 
Das Hostel in Bratislava war wunderschön und sauber, die Stadt ebenfalls und die gut besuchten Strassencafés fühlten sich an wie an einem lauen Sommerabend. Den Tag abgerundet hatte uns ein schmackhaftes slowakisches Abendessen und ein mittelmässiger slowakischer Wein, der aber dann trotzdem seine Wirkung tat, und uns ziemlich rasch dazu veranlasste, unsere warmen Betten aufzusuchen.


Am nächsten Tag machten wir bereits unsere erste Bekanntschaft mit anderen Radreisenden. Das britische Pärchen war ebenfalls unterwegs von Wien nach Budapest und so fuhren wir ca. 10 km gemeinsam aus Bratislava hinaus, bevor sie dann den Weg auf der ungarischen Seite wählten, der sie mehr durch Ortschaften mit Pensionen führen sollte, und wir uns für die weniger dicht besiedelte slowakische Variante entschieden, von der wir uns ein paar gute Campingmöglichkeiten erhofften.  Trotz der topfebenen Landschaft, ist es gelungen hier die Donau zu stauen und einen mächtigen Staudamm zu bauen. Das Bauwerk geht zurück auf stalinistische Zeiten. Das Resultat: Ein riesiger Stausee, einen schnurgeraden, auf beiden Seiten mit haushohen Dämmen gezähmten Kanal, und eine zerstörte Auenlandschaft. 
Auf dem einen Damm verlief unsere Route - für die nächsten zwei Tage. Wir verlernten lenken und  "Hügel drücken". Für Schiffe war es offenbar etwas komplizierter. Ab und zu kamen uns Radfahrer entgegen, oder wir trafen Leute beim Spazierengehen an, doch gegrüsst wurden wir sozusagen nie. Vergebens warteten wir auf ein umgangsprachliches "Ahoj". Irgendwann machten wir uns dann auch keine Mühe mehr, denn auch nach der freundlichsten Begrüssung unsererseits, war ein angedeutetes Kopfnicken das höchste der Gefühle was die Slowaken uns entgegneten. Vielleicht befinden sie sich noch im Winterschlaf?

Am späten Nachmittag fanden wir dann, wie erhofft in einem Wäldchen, direkt an der Donau, unsere nächste Campingmöglichkeit. Dazu mussten wir allerdings den sicheren Damm verlassen, und liessen Hochwassermesslatten hinter uns. Das Zelt bauten wir sicherheitshalber erst nach Einbruch der Dunkelheit auf, da die vorbeifahrenden Schiffe direkte Sicht auf unser Plätzchen hatten. Ich musste noch rasch in den Wald für kleine Velofahrerinnen und ärgerte mich ein bisschen über die Leute, die hier so achtlos ihren Müll liegen liessen. Petflaschen hier, Bierdosen da, und dahinten war jemand so dreist und hatte ein altes Kissen in den Wald geworfen. 
"Komisch nur, dass da überall die Federn herumliegen" dachte ich noch, bevor ich das Kissen identifiziert hatte - ein toter Schwan. Und was ist der erste Gedanke, der einem bei diesem Anblick durch den Kopf schiesst? Nicht "Oh, das arme Tier ist hier hergekommen um zu sterben" sondern "welches andere Tier ist grösser als ein Schwan um diesen derart zu rupfen!!?" Domi verbrachte wieder eine ruhige Nacht bis ich ihn leider aus dem Tiefschlaf holen musste, um mir zu erklären, dass es 1.  hier keine Springfluten geben wird, es hat ja nicht geregnet, und dass 2. auch ein harmloser Fuchs in der Lage sei, einen Schwan zu erledigen. Gute Nacht. Am Morgen hörten wir plötzlich Motorenlärm auf uns zu kommen. Oh je, wir wurden entdeckt. Domi war zum Glück schon aus dem Schlafsack und rapportierte mir dann: "Ein slowakischer Jäger oder Förster, dem der schlechte Strassenzustand mehr Sorgen machte, als wir hier beim wild Campieren. Gegrüsst hat er übrigens nicht."

Nach hinter uns gebrachter Nacht ging es also weiter auf dem Damm Richtung Budapest. Was gestern noch Asphalt war, war heute tiefer Schotter und das Vorwärtskommen wurde immer mühsamer. Die wunderschöne Landschaft und ein stahlblauer Himmel entschädigten uns aber dafür. Nun, wieder eine kleine Aufgabe für euch, liebe Leser: Wer weiss, was es mit diesem komischen Ding hier auf sich hat? So ein ballonartiges Stück Metall steht praktisch am Rand jeder Ortschaft hier. Wir haben noch nicht rausgefunden was es sein könnte - kann uns jemand helfen? 
In einer solchen Ortschaft hielten wir dann auch an um uns mit Proviant einzudecken. Das Einkaufen dauert doppelt so lange, wenn man kaum etwas versteht. Das Wörtchen "diabetik" auf der Schokoladenverpackung habe ich dann zum Glück noch vor der Kasse gesehen... Vor dem slowakischen Coop interessierte sich  erstmals jemand  für uns. Ein älterer Mann wollte wissen woher wir kommen, und wohin wir wollen. Also doch nicht so reserviert, die Slowaken? Nach ein paar Sätzen bruchstückhaftem Deutsch wurde uns jedoch klar - wir hatten es hier mit einem ungarischen Gastarbeiter zu tun...

Stunden später, nach der x-ten Schranken-Überquerung, war auf der Karte endlich das Ende des Damms in Sicht und damit auch das Ende der zurückgebliebenen Auenwäldchen. Beim letzten waldigen Abschnitt sahen wir einen einladenden Weg ins Wäldchen hinein, welches uns zu unserer bisher mit Abstand schönsten Campingmöglichkeit führte: Der Weg machte noch eine kleine Kurve und endete sichtgeschützt in einem flachen, grasbewachsenen Plätzchen, leicht erhöht über einem lauschigen, kleinen Privat-Kieselsträndchen, dass zur Hälfte sichtgeschützt war durch Sträucher, die sich hervorragend als "Duschvorhang" eigneten. 
Die Wassertemperatur angenehm um sich am Ufer zu waschen, die Lufttemperatur genügend warm, dass wir noch von Mücken verschont blieben. Kurz gesagt - ein Traum! Beim Znacht am Strand wurden wir noch vom benachbarten Biber besucht, und dann zogen wir uns auch schon in unser Zelt zurück.
Beim ersten Vogelgezwitscher standen wir dann auf, etwas verunsichert wegen der Zeit, da die Hälfte unserer elektronischen Geräte plötzlich eine andere Uhrzeit anzeigten (die nächste Zeitzone kommt doch erst in Bulgarien, nicht schon in Ungarn?), doch eigentlich spielte es ja auch keine Rolle, wir richten uns eher nach Sonnenaufgang und -untergang als nach der Uhrzeit. 
Nach ca. 1 Stunde erreichten wir die ungarische Grenze und fuhren über die Donau nach Esztergom, ins ungarische Rom. Hier befindet sich mit der riesigen Basilika die 18. grösste Kirche der Welt und der Hauptsitz der katholischen Kirche in Ungarn. Dass die Ungarn doch viel gesprächiger sind  als die Slowaken, zeigte sich uns direkt vor der Kirche, als sich ein Souvenirverkäufer über unsere Herkunft erkundigte. Als er hörte, dass wir Schweizer sind. rief er aus "Ah -Schwaiz! Basel!!" Wir: "??? Woher weiss er...?" dann weiter "Yello - Popstar!" und nach reiflicher Überlegung fügte er an "Schwaizer Franky!!" und grinste bis hinter beide Ohren. 
Mit viel Rückenwind fuhren wir weiter in die grösste Donaustadt - Budapest. Der Weg dahin war asphaltiert (meistens auf der Hauptstrasse). Doch endlich kamen wir auf das Budapester Radwegnetz, welches  sich nach ein paar hundert Metern als reinste Mountainbike-Strecke entpuppte. Die Ungarn sind da aber nicht heikel, und Hunderte, wenn nicht Tausende nahmen an diesem Sonntagnachmittag dieselbe Strecke mit ihren Citybikes in Angriff. Nach mühsamem Durchschlängeln der Masse erreichten wir schliesslich die Innenstadt, wo wir uns ein Hostel suchten.

Sonntag, 25. März 2012

Kuckuck - wo sind wir?

Wer als erstes herausfindet wo wir heute gestrandet sind, kriegt von hier eine Postkarte...


Richtig, wir sind in Budapest angekommen, und dies ist tatsächlich das Parlamentsgebäude. Ihr seid ja so gut! Das nächste Mal wird´s schwieriger, versprochen ;-)

Mittwoch, 21. März 2012

Frühlingserwachen in Wien

Unsere Batterien sind getankt und Morgen geht es weiter auf unserem Weg Richtung Osten. Die eineinhalb Wochen hier in Wien bei unseren wunderbaren Gastgebern waren so schön, dass uns das Weiterfahren fast schwer fällt. 
Hoffentlich hält das Traumwetter  noch eine Weile an, damit wir nicht nur hier in Wien, sondern auch beim Velofahren was davon haben. Es geht weiter der Donau entlang und unsere nächste grosse Station ist Budapest. Frühlingshafte Grüsse aus Wien

Sonnenuntergang
Staatsoper
Fiaker bei der Hofburg

Stadtpark am Sonntag
Tichy

Mittwoch, 14. März 2012

München - Wien... Mit Rückenwind geht viel!


Den Tag Pause in München haben wir sehr genossen. Das regnerische Wetter hat uns zwar von einem ausführlichen Sightseeing abgehalten, dafür hatten wir umso länger Zeit für unseren ersten blog-Eintrag. Vielen Dank an euch für eure zahlreichen Grüsse und Kommentare! Wir haben uns über jeden einzelnen gefreut, und gerade bei schlechtem Wetter oder allzu schweren Beinen zu wissen, dass ihr an uns denkt, wirkt wie ein Energieriegel :-)  


Irgendwann haben wir uns dann doch noch raus getraut, aber sind nach ein paar Metern bereits im Münchner Hofbräuhaus gelandet, wo es nicht bei einem Bier geblieben ist...
Auf dem Nachhauseweg haben wir dann doch noch ein paar Sehenswürdigkeiten entdeckt. München ist auf jeden Fall noch einmal einen Besuch bei schönerem Wetter wert.










Bei Sonne und strahlend blauem Himmel schwangen wir uns wieder in die Sättel für unsere nächste Etappe München-Wien. Zum Glück ist die Gegend hier in Oberbayern etwas flacher als im Allgäu, was unsere Waden noch etwas schonte. Nach zwei Nächten im Hotel suchten wir wieder einen Zeltplatz im Wald. Als wir einen scheinbar perfekten Standort gefunden hatten, bremste Domi noch kurz ab, um ein Schild am Wegesrand zu lesen und holte mich kurzum wieder ein - schockiert. Ich war natürlich neugierig, und wollte wissen, was er da gelesen hatte. "Was ist noch schlimmer als Wildschweine in der Nacht?" fragte er mich.  "Keine Ahnung, jetzt doch Bären? Wölfe? Luchse?" "Nein, ein ehemaliges Massengrab aus dem zweiten Weltkrieg." Wir zweifelten, ob wir hier überhaupt nächtigen wollten/konnten/durften. Wir fuhren noch ein paar hundert Meter weiter und entschieden uns dann doch dafür, in diesem Wald zu schlafen, weil wir schlicht und einfach zu müde waren um nach weiteren Wäldern Ausschau zu halten. 

Frühmorgens machten wir uns nach einer äusserst ruhigen Nacht auf und fuhren einen Tag lang, immer noch bei Sonnenschein und milden Temperaturen, auf lauschigen Waldpfaden am Inn-Ufer entlang. Obwohl das Wasser noch eiskalt war, nutzte ich die Gelegenheit um Velobekleidung zu waschen. Kurz bevor wir den Inn überquerten um nach Österreich zu gelangen, fanden wir einen ganzjährig geöffneten Campingplatz. Diese Gelegenheit haben wir ebenfalls genutzt um auch uns mal wieder richtig zu waschen (= warme Dusche).

Als wir am nächsten Tag nach Österreich fuhren, verliess uns leider die Sonne und wir suchten unseren Weg durch Wolken und Nieselregen. Bis Wien sollte sie auch gar nicht mehr wiederkehren. Ein starker Rückenwind, der uns bis in die Hauptstadt antreiben sollte, entschädigte uns aber dafür.

In Ottensheim erreichten wir endlich die Donau und damit den berühmten Donauradweg, auf dem jährlich rund 300000 Radler unterwegs sein sollen. Den verwunderten Blicken und den Ausrufen der Anwohner "Grüass Gott! Geht´s scho wieda los!?"  zu entnehmen, gehören wir wohl zu den Ersten, die dieses Jahr unterwegs sind. Wahrscheinlich wie die Schneeglöckchen für uns, sind wir für sie die Frühlingsboten...




Ebenfalls in Ottensheim kam auch bereits die erste Ausnahme vom Plan die gesamte Strecke von Basel nach Singapur auf dem Landweg zurückzulegen. Leider führte hier keine Brücke über die Donau und wir mussten wohl oder übel die Fähre ans andere Ufer nehmen.
Bei diesem Wetter längere Rastpausen einzulegen machte nicht wirklich Spass und so fuhren wir an diesem Tag noch bis Linz, wo wir uns mangels Campingplatz in einer Jugendherberge einquartierten. 

Linz selbst hätte bei Sonnenschein bestimmt auch noch schönere Motive geboten. Als wir wieder in den Donauradweg einbogen sahen wir das Schild: Wien - 229 km. Also noch drei Tage zu fahren bis zum Dach über dem Kopf bei Mohns.




Um unser Budget zu schonen suchten wir für die nächste Nacht wieder einen Zeltplatz im Wald. Den Anstieg ins Wäldchen hinauf, weg vom Donauufer, übertraf wohl die gesamten Höhenmeter dieser Tagesetappe. Ein Blick auf die Karte und das Wissen um die Windverhältnisse am nächsten Tag, eröffnete uns ganz neue Möglichkeiten: Bei solch starkem Westwind hatten wir heute 100 km zurückgelegt - der Rest müsste eigentlich morgen in einem Tag zu schaffen sein! So standen wir morgens um halb sechs auf, um die volle Tageslänge auszunutzen (wir fragten uns nämlich schon, weshalb denn hier die Sonne plötzlich so früh untergeht, die Tage werden doch länger? Kunststück - wir hatten ja auch schon ein ziemliches Stück Richtung Osten zurückgelegt ohne eine Zeitzone zu überqueren).

Der Wind blies uns auf unserer letzten Tagesetappe durch die schöne Wachau, vorbei am Geister-Kernkraftwerk  Zwentendorf (ich habe definitiv mehr Energie!), durchs Tullnerfeld, um Klosterneuburg herum, direkt nach Wien hinein. Glücklicherweise haben Mohns einen Lift in den 5. Stock, denn meine Betonpfeiler (so fühlen sich Beine nach 130 km radeln an) hätten diesen letzten Aufstieg wohl nicht mehr geschafft. Wie immer war unsere Wiedersehensfreude riesig und wir wurden herzlich von Daniela, Fabio, Nick und Flavia in Wien begrüsst.

Donnerstag, 8. März 2012

Basel - München... Nicht das Fussballspiel



Nicht weil wir an der Fasnacht waren, sondern weil wir nicht daran gedacht hatten, dass die meisten Läden in Basel geschlossen waren während den drei schönsten Tagen  fuhren wir mit einem Tag Verspätung in Basel ab... Irgendwo an einem unromantischen Plätzchen an einer Schnellstrasse hielten wir für unsere erste Mittagspause. Da wir bereits viel zu viel Zeit vertrödelt hatten mit Schrauben und Sattel neu einstellen gab´s hier nur einen raschen Stehlunch. Das Wetter war aber perfekt für unseren ersten Tag im Sattel.


Weder GPS noch Karte brauchten wir in der Schweiz. Die Radwege sind zum Glück super ausgeschildert. 





Sie führten uns auch vorbei am AKW Leibstadt - wer hat (noch) mehr Energie?
Bald genossen wir einen letzten Blick auf die schöne Aare. Und einmal mehr sind wir entrüstet ob der Tatsache, dass der  Rhein Rhein heisst, wenn er doch Aare heissen sollte. Denn da wo die Aare in den Rhein fliesst, ist der Rhein viiiel schmaler als die Aare.
Nach unserem ersten Tag fanden wir einen wunderschönen Zeltplatz mitten im Wald mit Blick auf den Rhein. Nachdem die Sonne untergegangen war, lernte ich das wahre  Wesen des Waldes kennen. Hier raschelten die Blätter, da piepste eine Maus - huch, was war das? Ein Fuchs? Als mich Domi noch informierte, dass es in der Schweiz zwar keine Bären gab, aber sehr wohl Wildschweine, war die Nacht für mich gelaufen. Kaum ein Auge hab ich zugetan, und wenn doch, habe ich von Bären geträumt, die sich hinter unseren Proviant und unsere Abfälle her machten. Zudem war die Nacht die reinste Rutschpartie, da das Gelände leicht abschüssig war. Aufgeschreckt wurde ich dann durch ein grunzendes Wildschwein, hier, ganz dicht an unserem Zelt. Ein ziemlich furchtloses sogar, denn es grunzte und grunzte weiter. Erst als ich richtig wach war, realisierte ich, es war nur Domi, der neben mir friedlich schnarchte. Als ich ihn weckte, und ihm mein Leid klagte, beruhigte ich mich wieder und konnte doch noch ein paar Stündchen schlafen. Die erste Nacht war überstanden, und zum Frühstück gabs Kaffee und Müesli mit heisser Milch aus einem Topf. Eine ziemliche Sautränke, aber warm und lecker.
Die Sonne versteckte sich noch hinter dem Nebel, als wir los fuhren in Richtung Schaffhausen. Hier wollte ich zum ersten Mal den Rheinfall bewundern. Doch dieser entpuppte sich als ziemlicher Reinfall, denn wie so oft in der Schweiz wurde auch hier Eintritt verlangt und Fahrräder mit in die Anlage zu nehmen war laut deutlichen Schildern verboten. Auf unserer Seite des Flusses  wurde einem wirklich mit allen Mitteln ein Blick auf den berühmten Wasserfall verwehrt, und so hab ich auch mit 30 Jahren den Rheinfall immer noch nicht gesehen...

Die längste Zeit schielten wir immer wieder ans andere Ufer des Rheins, zu unserem grossen Kanton hinüber. Kurz nach Schaffhausen erreichten wir dann endlich die deutsche Grenze. Irgendwo im Grenzgebiet in einem Buchenwald schlugen wir unser Zelt ein weiteres Mal auf.



Die Landschaft ennet der Grenze war hügelig, was mir vor allem am Ende des Tages ziemlich zu schaffen machte. Doch zum guten Glück kommt nach jedem "Rauf" auch wieder ein "Runter".

Nach drei Nächten im Buchenwald versuchten wir mal was neues: Tannenwald. Ein kurzer Regenschauer tagsüber machte den Boden zwar etwas feucht, doch die Wassersäule unseres Zeltbodens musste ja schliesslich auch mal ausgetestet werden. Dies war auch überhaupt kein Problem, denn wie es sich dann in den frühen Morgenstunden herausstellte, war jegliches Wasser rundherum zu Eis erstarrt. Unseren Benzinkocher liess dies aber kalt und wir konnten trotzdem wie gewohnt unseren Kaffee mit Müeslipampe geniessen. Der Tag war dann ziemlich unspektakulär und alles grau in grau, zeitweise fiel sogar ein bisschen Schnee. Was unser Barometer längst prophezeite, war nun eingetreten - wir befanden uns in einem Tiefdruckgebiet. Die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz hatte ich wie so vieles anderes - ich quäle mich zur Zeit noch ab mit den täglichen rund 80 Kilometern und dem ziemlichen Mehrgepäck verglichen mit unseren bisherigen Touren, da bleibt nicht mehr so viel Energie am Ende des Tages - Domis Bauchgefühl überlassen, welches uns bisher nie im Stich liess. Doch den fünften Schlafplatz hätte sich wohl kein Pfadfinder ausgesucht. Bei Minustemperaturen im offenen Feld, wo weniger als 20 Meter daneben auch schützende Tannen gewesen wären. Leicht kühl hatte es sich in unseren sonst wohlig warmen Daunenschlafsäcken angefühlt. Minus 14°C (hat sich auf jeden Fall so angefühlt) waren es laut Aussage eines schnauzbärtigen Bayers am nächsten Morgen in der Bäckerei, wo ich erst mal meine Zehen wieder auftauen musste. Ohne unsere super Schlafsäcke wären wir wohl längst zu Eiszapfen gefroren. 


Glücklicherweise wurde es dann tagsüber immer sonniger und wärmer, und wir holten uns prompt einen leichten Sonnenbrand. Nach 6 Tagen und 5 Nächten erreichten wir München, wo wir uns rasch in einem günstigen Hotel einquartierten und als erste Tat eine warme Dusche gönnten... Nun erholen wir uns an einem trüben regnerischen Tag in der prächtigen Bundeslandeshauptstadt.